Enuresis: Einnässen bei Kindern
Diese Ansicht ist laut Entwicklungspsychologen richtig. Auch viele Kinderärzte können bestätigen, dass einige Kinder erst mit dem vierten Lebensjahr dazu in der Lage sind, ihre Blase zu kontrollieren.
Trocken werden und auch nachts im Schlaf bei Harndrang aufzuwachen gehört somit zu den wichtigsten und schwierigsten Lernleistungen, die ein Mensch erbringt.
Erst ab dem fünften Lebensjahr wird regelmäßiges Einnässen (mindestens zwei Mal im Monat) am Tag und / oder in der Nacht von Medizinern als urologisches Problem eingestuft. Der medizinische Fachbegriff dafür lautet: Enuresis. Nässt das Kind ausschließlich tagsüber ein, so liegt dem meist eine Erkrankung (z.B. Harnwegsinfektion, Diabetes etc.) zugrunde und man spricht von einer kindlichen Harninkontinenz.
Wie viele Kinder leiden unter Enuresis?
Es ist wichtig zu verstehen, dass Enuresis von Medizinern nicht als Krankheit, sondern als Symptom betrachtet wird. Etwa 20-30% der Fünfjährigen leiden darunter und etwa 15% dieser Kinder erlangen mit der Zeit spontane Blasenkontrolle. Bei 7-Jährigen liegt die Rate nur noch bei 10% und bei 18-Jährigen bei 3-4%. Es gibt hierbei keine großen Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
Diagnose von Enuresis
Ob ein Kind an Enuresis leidet oder nicht, stellen Ärzte oftmals anhand des Kriterienkatalogs der Internationalen Gesellschaft für kindliche Kontinenz (ICCS) fest. Dieser umfasst unter anderem die Fragestellungen:
- Ist das zu untersuchende Kind älter als fünf Jahre?
- Kommt es mindestens einmal alle zwei Wochen zum Ein- bzw. Bettnässen?
- Können organische Ursachen bzw. andere Erkrankungen, wie Harnwegsentzündungen oder Diabetes ausgeschlossen werden?
Zusätzlich wird mit einem sogenannten Miktionsprotokoll unter anderem die Trinkgewohnheit des Kindes, die Häufigkeit des Wasserlassens und die jeweilige Urinmenge für einige Tage festgehalten. Auch eine körperliche Untersuchung, ein Ultraschall und eine Harnstrahl- und Urinuntersuchung werden oftmals als Teil der Diagnose durchgeführt.
Primäre und sekundäre Enuresis
Weiterhin unterscheiden Mediziner die Form der primären und sekundären Enuresis. Die primäre Enuresis wird bei Kindern diagnostiziert, die noch nie über einen längeren Zeitraum trocken waren. Die Beschwerden verlieren sich oftmals im fünften oder sechsten Lebensjahr.
Kommt es nach mehreren Wochen und Monaten Trockenseins zum regelmäßigen Einnässen wird dies als sekundäre Enuresis bezeichnet.
Hierbei geht man eher von psychischen Ursachen aus, wie:
- Verluste und Trennungen im Familien- und Freundesbereich
- Geburt eines neuen Kindes
- Stress-, Schuld- und Angstgefühle
- Vernachlässigung durch enge Bezugspersonen
- Umzug
Ist Enuresis vererbbar?
Auch erbliche Faktoren spielen bei der Enuresis Entwicklung eine Rolle. So sind in Familien mit Enuresis Diagnose oft mehrere Familienmitglieder vom späten Trockenwerden und nächtlichen Bettnässen betroffen (gewesen).
Diese Ursache wird unter Medizinern auch als genetisch verursachte Reifungsstörung bezeichnet, die die Kontrolle der Blasenfunktion erschwert.
ADHS und Enuresis
Als weitere Ursache für die Enuresis wird häufig ADHS genannt. Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung ist mit einem anderen Reizempfinden verbunden.
Deshalb besteht die Vermutung, dass auch der Blasenreiz von einigen Enuresis Betroffenen während des Spielens oder im Schlaf nur schwer wahrgenommen werden kann.
Studien zeigen, dass ADHS-Patienten dreimal häufiger unter Enuresis leiden als Gleichaltrige ohne diese Diagnose.
Zu den häufigsten körperlichen Ursachen für eine Enuresis während des Schlafs zählt ein Mangel des sogenannten ADH-Hormons. Dieses hat die Aufgabe die Urinproduktion in der Nacht deutlich zu senken.
Ebenfalls ist bei Kindern, die über den Tag verteilt zu wenig trinken das Blasenwachstum verzögert. Die zu geringe Blasenkapazität kann den Harndrang verstärken. Beruhigende Medikamente, die Kinder besonders tief schlafen lassen, können ebenfalls zum Bettnässen führen.
Behandlung von Enuresis
In erster Linie ist es wichtig, dass das Thema des Ein- und Bettnässens nicht als Tabu-Thema in der Familie behandelt wird. Zeigen Sie als Eltern Verständnis und reden Sie offen darüber. Schimpfen Sie nicht mit Ihrem Kind und bestrafen Sie es auf gar keinen Fall.
Allgemeine Maßnahmen, wie z.B. regelmäßige Blasenentleerung vor dem Zubettgehen, ungehinderter nächtlicher Zugang zur Toilette, bessere Trinkgewohnheiten etc. führen bei manchen Kindern schon zum Erfolg. Falls Sie die Vermutung haben, dass die Enuresis psychologische Ursachen haben könnte, ist eine Psychotherapie oder eine psychologische Beratung oftmals sinnvoll. Weitere Therapiemaßnahmen, die Kinderärzte oder Kinderurologen nach der Enuresis-Diagnose anbieten bzw. empfehlen, sind die folgenden:
- Alarmtherapie: Hierzu wird ein Klingelgerät angewandt, welches beim nächtlichen Einnässen ein Signal abgibt und das Kind aufweckt. Diese Therapie soll dazu führen, dass das Kind lernt aufzuwachen, wenn die Blase voll ist
- Biofeedback-Training: Hierbei kann die Blasenentleerung neu „programmiert“ werden, wenn es über einen Zeitraum von bis zu 6 Monaten angewandt wird
- Akupunktur: Diese Methode kann wirksam sein, wird im Allgemeinen aber erst nach Erfolglosigkeit aller anderen Verfahren empfohlen
- Medikamente: Eine medikamentöse Behandlung kann ebenfalls erfolgen und entweder die Blasenfüllung oder die allgemeine Wasserausscheidung des Körpers verbessern
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