Blinde und sehbehinderte Kinder können fast alles ebenso lernen wie sehende Kinder – Blind oder sehbehindert zu sein, gehört für viele Menschen zu einer sehr bedrückenden Vorstellung. Die Nachricht, dass das eigene Kind nicht bzw. nur sehr schlecht sehen kann, ist daher für viele Eltern sehr schwer und zurecht mit zahlreichen Fragezeichen verbunden.
Ursachen
Nicht alle erblindeten Menschen haben nur die vollkommene Dunkelheit vor Augen. Einige erblindete Menschen können noch Licht und Schatten in beschränktem Grad wahrnehmen. Sehbehinderung und Blindheit können angeboren sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Sie können sowohl auf einem Auge als auch auf beiden Augen vorhanden sein.
Zu den häufigsten Ursachen einer angeborenen Erblindung gehören:
- Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft (z.B. Röteln)
- Genetisch bedingte Fehlbildungen
- Geburtstrauma (z.B. Sauerstoffmangel, Hirnblutungen, Hirnschädigungen)
- Frühgeburt (Frühgeborenenretinopathien)
Erkrankungen, wie grüner und grauer Star, die allmählich die Sehfähigkeit immer stärker einschränken, treten häufig im hohen Erwachsenenalter auf. Zur plötzlichen Erblindung können folgende Gegebenheiten führen:
- Hirnblutungen
- Netzhautablösung
- Gefäßverschlüsse oder
- Verletzungen
Je nachdem, welche Ursache zu Grunde liegt, besteht die Möglichkeit, Blindheit zu heilen. Nicht selten sind dafür, eine umgehende ärztliche Behandlung von Augenproblemen sowie eine regelmäßige Vorsorge wichtig. So kann beispielsweise bei Kleinkindern die frühe Feststellung der Sehschwäche auf nur einem Auge das Erblinden dieses Auges verhindern.
Frühförderung bei blinden und sehbehinderten Kindern
Blinde und sehbehinderte Kinder nehmen ihre Umwelt anders wahr als ihre sehenden Altersgenossen. Statt über die visuelle Wahrnehmung, findet die Welterkundung hauptsächlich über den Hör- und Tastsinn statt. Der Geschmacks – und Geruchssinn spielen dehalb eine große Rolle. Da ein Wahrnehmungsbereich wegfällt, ist es besonders wichtig, die Entwicklung der anderen Sinne umso mehr zu fördern.
Auch die sprachliche und motorische Entwicklung unterscheidet sich bei blinden und sehbehinderten Kindern von der ihrer Altersgenossen und muss daher spezifisch gefördert werden, damit in diesen Bereichen keine größeren Verzögerungen entstehen.
So wie Eltern ihren sehenden Kindern häufig beschreiben, was es sieht, ist es die Elternaufgabe mit einem blinden oder sehbehinderten Kind festzustellen, was es für Geräusche hört. Diese sind wichtige Orientierungspunkte in seinem Leben. Für sehbehinderte und blinde Kinder werden häufig spezielle Frühförderungen angeboten, die meist kostenfrei in Anspruch genommen werden können.
In sogenannten Bildungszentren für Blinde und ähnlichen Einrichtungen werden landesweit Frühfördermaßnahmen angeboten, die ein blindes oder sehbehindertes Kind von Geburt an bis zum Schulbeginn begleiten. Das Frühförder-Team besteht meist aus speziell ausgebildeten Erziehern, Diplom-Pädagogen, Sozialpädagogen, Therapeuten (Logopäde, Physiotherapeut, Ergotherapeut), Psychologen und Orthoptisten.
Wo sich die nächste Einrichtung befindet, kann beim BEBSK (Bundesverein Eltern blinder und sehbehinderter Kinder E.V.) nachgeschaut werden.
Der Bundesverein bietet außerdem eine Vielzahl an hilfreichen Information für Eltern blinder Kinder, wie zum Beispiel die Rubriken ‚Rechtliches‘, ‚Freizeit‘, ‚Schule‘ und auch Literatur-Tipps und diverse Links zu anderen relevanten Webseiten.
Der Besuch einer Blindenschule kann, aber muss nicht zwangsläufig erfolgen. Einige Regelschulen nehmen im Zuge der zunehmenden Inklusion von Kindern mit besonderen Bedarfen auch blinde und sehbehinderte Schüler auf. Diese können in diesem Zusammenhang ebenfalls die Brailleschrift (Blindenschrift) ab der ersten Klasse gemeinsam mit sehenden Schülern lernen.
Tipps zum Umgang mit blinden bzw. sehbehinderten Kindern
Fördern Sie die Kommunikation mit Ihrem Kind, indem Sie es zum Reden animieren. Hinterfragen Sie Begriffe und füllen diese mit Inhalt. Außerdem sollten Sie Ihrem Kind stets ein Feedback zu seiner Mimik geben.
Positionieren Sie Ihr Baby öfter mal in Bauchlage, auch wenn es dies ablehnt. Es ist für das Erlernen von Krabbeln und weiteren motorischen Abläufen von großer Bedeutung. Motivieren Sie es zum selbstständigen Bewegen, zum Beispiel mit Geräuschquellen, die das Kind entdecken soll.
Lassen Sie Ihr Kind so viel wie möglich ertasten, riechen, schmecken, hören. Das regt die Sinneswahrnehmung an.
Außerdem sollten Sie versuchen, Ihr Kind so wenig wie möglich an der Hand zu führen (natürlich ohne Sicherheitsrisiko, z.B. im Haus).
Spiele, die Handfertigkeit erfordern, sind für die Förderung der Feinmotorik wichtig. Knete, Lego– und Magnetsteine gehören unter anderem zu den Spielmitteln der Wahl.
Erkunden Sie mit Ihrem Kind Spielplätze oder lassen Sie es Sportarten, wie Schwimmen, Judo oder Reiten ausprobieren.
Sie sollten Ihr Kind stets ansprechen, bevor Sie es anfassen und so sowohl Ihre als auch alle Handlungen des Kindes mit Worten begleiten.
Fazit
- Blindheit oder Sehbehinderungung können angeboren oder erworben sein sowie plötzlich auftreten
- eine Therapie oder Heilung ist stark abhängig von der Ursache und dem Grad der Erblindung bzw. Sehbehinderung
- blinde oder sehbehinderte Kinder können ebenso gut lernen wie Sehende
- verschiedene Förderstrategien helfen blinden und sehbehinderten Kindern, sich besser in ihrer Umwelt zurechtzufinden
- Besuch einer Blindenschule kann sinnvoll sein, ist allerdings in vielen Regionen kein Muss mehr
- Brailleschrift (Blindenschrift) wird häufig zeitgleich mit dem Schriftspracherwerb sehender Kinder gelernt
- Versuchen Sie nicht, jegliches Risiko von Ihrem Kind fernzuhalten, sondern trauen Sie ihm etwas zu. Fördern Sie die größtmögliche Selbstständigkeit und kreieren Sie Herausforderungen und Lernerfahrungen.
- Und am Wichtigsten: Zeigen Sie viel Geduld und Aufmerksamkeit!
Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.