Vor einem Schwangerschaftsabbruch, für den es persönliche und medizinische Gründe geben kann, ist eine umfassende und individuelle Beratung Pflicht. Der auch als Abtreibung bezeichnete Eingriff ist in Deutschland rechtswidrig, bleibt aber unter gewissen Voraussetzungen straffrei.
Straffreier Schwangerschaftsabbruch aus persönlichen Gründen
Verlangt eine Frau aufgrund eines persönlichen Konflikts eine Abtreibung, muss sie sich zunächst an eine anerkannte Beratungsstelle wenden. Dort kann sie ihre Situation schildern und wird vor einer endgültigen Entscheidung von Fachleuten über das Für und Wider informiert.
Ein Schwangerschaftsabbruch ist stets eine einschneidende Maßnahme und grundsätzlich rechtswidrig.
Das Beratungsgespräch sollte sobald wie möglich wahrgenommen werden, denn ein straffreier Abbruch aus persönlichen Gründen ist nur bis zur zwölften Schwangerschaftswoche möglich. Dies entspricht der abgeschlossenen 14. SSW gerechnet nach der letzten Periode (13+6 SSW post menstruationem).
Der Arzt, der den Eingriff vornimmt, muss sich diese Bescheinigung gemäß StGB §219 Abs. 2 Satz 2 vorlegen lassen. Die Bescheinigung darf nicht von derselben Person ausgestellt werden, die auch den Eingriff vornimmt.
Medizinische und kriminologische Indikation
Ein Abbruch aus medizinischen Gründen ist auch nach der zwölften Schwangerschaftswoche nicht strafbar.
Hier gilt die Voraussetzung, dass durch das Austragen des Kindes eine schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigung oder eine Gefahr für das Leben zu erwarten wäre. Das betrifft Mutter und Kind gleichermaßen. Die Indikation muss durch einen Arzt erfolgen.
Medizinische Gründe können schwere Missbildungen, fetale Chromosomenstörungen oder kritische Schwangerschaftskomplikationen sein. Bei Mehrlingsgeburten kommt es vor, dass nur das Abtöten eines Ungeborenen das Überleben der anderen sichern kann.
Ist eine Vergewaltigung oder sexueller Missbrauch Ursache für die Schwangerschaft, muss dies durch einen Arzt bestätigt werden. Dann greift die kriminologische Indikation:
Sind seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen, ist eine Abtreibung straffrei.
Sowohl bei einer medizinischen als auch bei einer kriminologischen Indikation erfolgt zunächst eine Beratung durch den Arzt, außerdem kann eine Beratungsstelle bei einer Entscheidung unterstützen.
Verschiedene Methoden
Ein Schwangerschaftsabbruch bedeutet immer, das Ungeborene aus dem Mutterleib zu entfernen. Dies kann bis zur 22. Schwangerschaftswoche operativ geschehen oder medikamentös eingeleitet werden.
Nach der 22. Schwangerschaftswoche gilt das Ungeborene in der Regel – zumindest mit medizinischer Unterstützung – bereits außerhalb des Mutterleibes als überlebensfähig, dann wird der Fetozid, das Abtöten des Ungeborenen, angewandt.
Ein operativer Schwangerschaftsabbruch wird unter örtlicher Betäubung oder Narkose durchgeführt. Der Muttermund wird gedehnt, anschließend wird der Fötus durch Absaugen entfernt.
Anschließend können durch eine Ausschabung eventuelle Gewebereste entfernt werden, bevor über eine geeignete Injektion die Blutung gestillt wird und sich die Gebärmutter wieder zusammenzieht.
In der Regel erfolgt der Eingriff ambulant – die Frau kann nach einigen Stunden wieder nach Hause gehen.
Die medikamentöse Abtreibung erfolgt unter ärztlicher Aufsicht / Begleitung. Ein mögliches Vorgehen ist, dass die Schwangere ein Arzneimittel einnimmt, welches ein Abstoßen der Gebärmutterschleimhaut und ein Öffnen des Muttermundes auslöst. Ein zweites Medikament veranlasst die Gebärmutter, sich wehenartig zusammenzuziehen, um eine Fehlgeburt einzuleiten. Dieser Vorgang dauert etwa drei bis vier Tage.
Beim in Deutschland selteneren Fetozid wird dem Ungeborenen über die Nabelschnur ein schmerzstillendes Medikament injiziert, um anschließend mit einer weiteren Injektion ins Herz dessen Stillstand auszulösen. Dieses Vorgehen kann unter Umständen bei einer Mehrlingsschwangerschaft notwendig sein.
Kostenübernahme
Die Krankenkassen kommen nur für die Kosten auf, wenn eine medizinische oder kriminologische Indikation vorliegt. Andernfalls muss die Schwangere diese selbst tragen. Es ist mit einigen Hundert Euro zu rechnen.
Für einkommensschwache Frauen gibt es eine Sonderregelung: Unter Nachweis der Einkommensverhältnisse kann die Kostenübernahme bei einer gesetzlichen Krankenkasse beantragt werden. Das betrifft auch Schwangere, die keiner gesetzlichen Krankenkasse angehören.
Diese prüft den Antrag und stellt nach Bewilligung eine Bescheinigung zur Kostenübernahme aus. Für die Kostenübernahme selbst ist das zuständige Bundesland zuständig, die Krankenkassen kümmern sich jedoch um die Abwicklung.
Je nach Einkommensverhältnissen werden die Leistungen für den gesamten Schwangerschaftsabbruch bis zu medizinischen Nachbehandlungen getragen.
Die vorherige Pflichtberatung ist bei anerkannten Einrichtungen wie Pro Familia kostenfrei.
Eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden Sie unter www.familienplanung.de.
Schwangerschaftsberatung und Beratungsschein
Die Schwangerschaftsberatung ist im Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) geregelt. Die Schwangere schildert hier ihre persönlichen Konflikte, die sie zu einem Abbruch der Schwangerschaft bewegen oder darüber nachdenken lassen.
Die Motivation kann in Ängsten hinsichtlich der Schwangerschaft und dem Leben mit Kind begründet liegen, aber auch die persönlichen oder wirtschaftlichen Lebensumstände können der Anlass sein, dass eine Abtreibung in Erwägung gezogen wird.
Nach einer umfassenden individuellen Beratung wird eine Bescheinigung ausgestellt, die das Datum und den Namen der Schwangeren enthält. Über den Inhalt des vorangegangenen Gespräches wird nichts vermerkt.
Auf Wunsch kann die Schwangere gegenüber ihrem Ansprechpartner in der Beratung anonym bleiben. Die Bescheinigung wird dann von einer anderen Person in der Beratungsstelle ausgestellt, die keine Kenntnis von dem Gesprächsinhalt hat.
Zwischen dem Datum und dem Schwangerschaftsabbruch müssen drei volle Kalendertage liegen.
Das bedeutet: Wurde die Bescheinigung an einem Montag ausgestellt, kann eine Abtreibung nicht vor dem darauf folgenden Freitag erfolgen. Diese Zeitspanne soll Gelegenheit geben, die endgültige Entscheidung nochmals gründlich zu überdenken.
Risiken eines Schwangerschaftsabbruchs
Zunächst kann es während des Eingriffs oder danach zu Komplikationen kommen. Eine operative Abtreibung birgt neben dem Narkoserisiko das seltene, aber vorhandene Risiko einer anschließenden Entzündung der Gebärmutter, die schlimmstenfalls mit verklebten Eileitern und Unfruchtbarkeit endet. Eine sorgfältige Nachbehandlung ist daher wichtig.
Der medikamentöse Abbruch kann mit Übelkeit, Erbrechen, Kreislaufstörungen und Schmerzen verbunden sein, weshalb er nur unter ärztlicher Kontrolle bzw. begleitet durch einen Arzt durchgeführt wird.
Im Anschluss sind mehrere Tage anhaltende Blutungen möglich. Auch hier ist eine Nachuntersuchung erforderlich, denn nicht immer wirken die Medikamente wie gewünscht, dann ist im Anschluss ein operativer Eingriff erforderlich.
Nach dem Abbruch
Nicht selten leiden Frauen nach einem Abbruch unter psychischen Problemen. Dies kann besonders bei jungen Frauen der Fall sein, die sich auf Druck von außen für einen Abbruch entschieden haben oder sich hinsichtlich des Kinderwunsches noch nicht wirklich sicher waren. Doch auch bei älteren Frauen können sich im Nachhinein moralische Bedenken oder Schuldgefühle einstellen.
In einem solchen Fall können Ärzte psychologische Beratungsstellen nennen. Auch bei Einrichtungen wie Pro Familia erhalten Sie bei psychischen Problemen Unterstützung und Auskunft über den Umgang mit Konflikten nach einem Abbruch.
Der Schwangerschaftsabbruch im Überblick
- Feststellung der Schwangerschaft
- Abtreibungswunsch aus persönlichem Konflikt heraus oder
- Entsprechende medizinische/kriminologische Indikation
- Schwangerschaftskonfliktberatung bei persönlicher Motivation
- Ausstellung einer Bescheinigung zur Vorlage beim Arzt
- Operativer oder medikamentöser Eingriff
- Medizinische Nachsorge
- Gegebenenfalls Inanspruchnahme psychologischer Unterstützung
Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.