Nach dem Glücksgefühl kommt die Traurigkeit – Das lange ersehnte Baby ist auf der Welt. Eigentlich müsste die frischgebackene Mutter überglücklich sein und sich auf die bevorstehende Zeit mit ihrem Kind freuen. Leider empfinden nicht alle Frauen ausschließlich positiv.
Babyblues oder Wochenbettdepression?
Sofern die depressive Verstimmung wenige Tage nach der Geburt auftritt und nach etwa acht bis zehn Tagen von allein wieder verschwindet, handelt es sich um den Babyblues. Mediziner gehen davon aus, dass für dieses zeitweilige Stimmungstief die Hormonumstellung nach der Entbindung maßgebend ist.
Sobald der weibliche Körper sein hormonelles Gleichgewicht wiedergefunden hat, verschwinden die leichten depressiven Verstimmungen ganz von allein wieder.
Eine Wochenbettdepression hingegen kann einige Tage, Wochen, vereinzelt sogar bis zu zwei Jahren nach der Geburt des Babys einsetzen, mehrere Wochen oder sogar Monate anhalten und schlimmstenfalls chronisch werden.
Symptome, Ursachen und Behandlung des Babyblues
Symptome
Circa 50 Prozent aller Wöchnerinnen zeigen am zweiten oder dritten Tag nach der Geburt folgende Auffälligkeiten:
- psychische Empfindlichkeit
- Energielosigkeit
- Konzentrationsschwäche
- Stimmungsschwankungen
- erhöhte Reizbarkeit
- Schlafstörungen
- Appetitlosigkeit
Im weiteren Verlauf beschleicht die Frauen ein Gefühl des Versagens in Verbindung mit totaler Überforderung. Der Babyblues erreicht etwa vier bis sechs Tage nach der Entbindung seinen Höhepunkt, um dann um den zehnten Tag herum wieder abzuklingen.
Ursachen
Mediziner führen diese Reaktion auf den abrupten Abfall der Schwangerschaftshormone Progesteron und Östrogen unmittelbar nach der Entbindung zurück. Hinzu kommt die rein körperliche Beanspruchung der frischgebackenen Mutter.
Geburtsbedingte Wunden heilen und die körperlichen Rückbildungsprozesse benötigen Energie. Die Milchproduktion kommt in Gang und die Eierstöcke nehmen wieder ihre Funktion auf, was zu einer weiteren Veränderung im Hormonhaushalt führt.
Behandlung
Eine medizinische Behandlung des Babyblues ist zumeist nicht erforderlich. Den meisten Frauen hilft die unterstützende Beratung durch den behandelnden Frauenarzt oder die Hebamme. Der Partner und andere nahe stehende Menschen sollten außerdem behutsam auf die der jungen Mutter zugehen, Gespräche und praktische Hilfe anbieten.
Die Praxis zeigt, dass emotionaler Rückhalt, Ermutigung und Unterstützung den meisten Frauen hilft, ihr zeitweiliges Stimmungstief weniger dramatisch zu erleben und schneller zu überwinden.
Symptome, Ursachen und Behandlung einer Wochenbettdepression
Symptome
Eine ernsthafte Wochenbettdepression entwickelt sich im Gegensatz zum Babyblues eher schleichend. Sie kann direkt nach der Geburt beginnen. Typischerweise treten die ersten Symptome jedoch erst vier bis zwölf Wochen später auf. Zunächst ähneln die Beschwerden stark denen des Babyblues.
Sie gehen jedoch nicht nach wenigen Tagen vorüber, sondern belasten zunehmend die Mutter-Kind-Beziehung. Viele Frauen leiden unter Versagensängsten und Schuldgefühlen, weil sie sich auf das Muttersein so sehr gefreut hatten und nun ihrem Baby gegenüber keine Liebe empfinden können.
Dabei hatten sie sich doch nichts sehnlicher als ein Kind gewünscht. Nun sind sie enttäuscht und verwirrt. Gleichzeitig schämen sie sich, über ihre negativen Gefühle, Ängste und Sorgen zu sprechen.
Viele der betroffenen Mütter, aber auch „unwissende“ Angehörige sehen die Beschwerden als eine Begleiterscheinung des Anpassungsprozesses an die neue Lebenssituation. Dabei handelt es sich bei einer Wochenbettdepression um eine ernst zunehmende Erkrankung, für die niemand die Schuld trägt.
Ursachen
Auf jeden Fall spielt auch bei einer ernsthaften Wochenbettdepression die Hormonumstellung eine entscheidende Rolle. Hinzu kommen eventuell erlebte Traumata während der Geburt, chronischer Schlafmangel, Stillprobleme, Probleme in der Partnerschaft oder der hohe Anspruch der Frau an sich selbst bezüglich ihrer Mutterrolle.
Genetische Veranlagung, psychische Vorerkrankungen, Eisenmangel, oder Schilddrüsenstörungen können eine postnatale Depression ebenfalls begünstigen.
Diagnose
Es gibt einen wissenschaftlich erarbeiteten Fragebogen, den „Edinburgh Postpartum Depression Scale“ (EPDS). Dieser ist speziell für die Zeit nach der Entbindung konzipiert und stellt zehn Fragen zum emotionalen Wohlbefinden der Frau. Nach Auswertung der Antworten kann ein Psychologe auf das Vorliegen einer Wochenbettdepression schließen.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es im Falle einer Wochenbettdepression?
Im Unterschied zum Babyblues besteht bei einer länger andauernden Wochenbettdepression die Gefahr, dass das Kind infolge der gestörten Beziehung zu seiner Mutter Entwicklungsstörungen davonträgt.
Deshalb darf nicht nur allein die Mutter behandelt werden, sondern auch die gestörte Mutter-Kind-Beziehung. In Abhängigkeit von der Schwere und den Symptomen kommen folgende Behandlungsmöglichkeiten infrage:
- psychotherapeutische Behandlung ohne Medikamente (Gesprächstherapie, Körpertherapie, Gruppentherapie)
- psychotherapeutische Behandlung in Kombination mit Medikamenten, sogenannten Antidepressiva (Hier ist allerdings zu beachten, dass diese Medikamente in die Muttermilch übergehen und unter Umständen ein Abstillen erforderlich machen. Der Arzt wird deshalb vor Therapiebeginn eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Analyse durchführen und die Eltern entsprechend beraten.)
- Einbeziehung des Partners und anderer Familienangehöriger (Erlernen des Umgangs mit der Erkrankten, Entwickeln von Verständnis und Unterstützung)
- Selbsthilfegruppe
Sollte eine stationäre Therapie erforderlich sein, besteht die Möglichkeit spezieller Mutter-Kind-Behandlungen.
Die erste Anlaufstelle für betroffene Frauen und deren Angehörige ist sicherlich der Frauenarzt oder die Hebamme. Falls die Mutter selbst oder auch ihr Partner die Bedenken, dass eventuell eine Wochenbettdepression vorliegen könnte, nicht „öffentlich“ äußern möchten, können sie sich auch an andere Beratungsstellen, wie beispielsweise den Familien-Selbsthilfe-Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker (BApK), 53119 Bonn, Oppelner Straße 130, Telefon 0228 71002424, www.bapk.de, wenden. Hier erhalten Betroffene nicht nur Beratung, sondern bekommen auf Wunsch auch Kontakte zu geeigneten Psychotherapeuten vermittelt.
Gibt es Möglichkeiten zur Vorbeugung?
Ganz verhindern lässt sich der Babyblues sicherlich nicht. Um die Begleiterscheinungen abzumildern, sollten Frauen möglichst schon während der letzten Schwangerschaftswochen ihre eigenen Erwartungen an das „Muttersein“ nicht zu hoch stecken.
Das gesellschaftlich vermittelte Bild von der dauerhaft sorglosen und überglücklichen Mutter stimmt mit der Realität nur selten überein. Außerdem ist ein guter sozialer Rückhalt ganz wichtig. Ein psychisch starker Partner und die Familie können depressive Verstimmungen schneller überwinden helfen.
Der Verlauf einer Wochenbettdepression hängt maßgeblich davon ab, wann sie erkannt wird. Anfangs lassen sich die Symptome zumeist nicht von denen eines selbstständig sich wieder auflösenden Babyblues unterscheiden. Viele Frauen versuchen auch, ihren Zustand zu verbergen und leiden viel zu lange. Besser ist es, sich den bestehenden Problemen und Beschwerden zu stellen und gegebenenfalls frühzeitig nach professioneller Hilfe zu suchen.
Können auch Väter den Babyblues oder eine Wochenbettdepression bekommen?
Was zunächst recht seltsam klingt, kann dennoch eintreten. Natürlich gibt es bei frischgebackenen Vätern keine Hormonumstellung. Trotzdem haben Studien zufolge etwa 10 Prozent aller jungen Väter nach der Geburt ihres Kindes Gefühle der Traurigkeit, diffuse Angst, kein Interesse an Sex oder leiden unter Schlafstörungen.
Die Symptome ähneln häufig verblüffend denen der an Wochenbettdepression leidenden Mütter. Wissenschaftler vermuten als Grund, dass viele Männer die Geburt ihres Babys als tiefen Einschnitt in ihr bisheriges Leben empfinden. Manche haben auch Angst vor der Zukunft. Sie geraten dadurch psychisch und emotional regelrecht aus dem Gleichgewicht. Hilfen, so wie für die Frauen, gibt es für diese Phase bei Männern jedoch nicht.
© Tatyana Gladskih – Fotolia.com
Fazit
- Von wenigen Heultagen (Babyblues) bis zur Wochenbettdepression. Nach der Entbindung fallen viele Mütter in ein Stimmungstief.
- Der Babyblues verabschiedet sich etwa zehn Tage nach der Geburt von selbst wieder.
- Ist nach 14 Tagen die Seele immer noch aus dem Gleichgewicht, kann eine ernsthafte postnatale Depression dahinterstecken.
- Eine Wochenbettdepression kann die Mutter-Kind-Beziehung hemmen.
- Sofern Sie bei sich, Freunden oder Verwandten Anzeichen einer nachgeburtlichen Depression wahrnehmen, sollten Sie unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen bzw. diese empfehlen.
- Sich auch ambivalente Gefühle für die Mutterschaft zugestehen.
- Die Familie und Freunde mit einbeziehen und über die Gefühle reden.
Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.