Kinder werden in unterschiedlichen Situationen mit Werbung konfrontiert. Beim Einkaufen locken bunte, in Sichthöhe platzierte Verpackungen, im Fernsehen gibt es auf Kinder zugeschnittene Werbespots, unterwegs vermitteln Plakate ihre Botschaft, im Internet sind geschickte Banner platziert oder bei einem beliebigen Klick tauchen Pop-ups auf.
Verschiedene Produkte erhalten ihren Reiz durch Beigaben wie kleine Figuren oder Sammelkarten, andere ködern mit einem Gewinnspiel.
Spätestens im Kindergartenalter wird der Nachwuchs zusätzlich durch andere Kinder auf verschiedene beworbene Produkte aufmerksam gemacht. Es setzt ein Konkurrenzdenken ein: „Was der hat, will ich auch!“
Alltagsprobleme durch Werbeeinfluss der Eltern
Im Supermarkt stehen Sie möglicherweise vor dem Problem, Ihr Kind von dem gesunden Joghurt zu überzeugen, während es auf dem überzuckerten mit den bunten Bildern auf der Verpackung besteht. Die in einem Werbespot vermittelten Vorteile eines Produkts werden Ihnen voller Überzeugung erläutert, Sie dürfen ebenso überzeugende Gegenargumente finden.
Wie erklären Sie Ihrem Kind, dass es nicht unbedingt das haben muss, was ein anderes hat? Wie soll es zwischen dem tatsächlichen Nutzen und dem in der Werbung versprochenen differenzieren?
Die Macht der kindgerechten Werbung
Es ist kaum möglich, Kinder vor Werbung abzuschirmen. Die Botschaften sind speziell auf Kinder zugeschnitten und derart verpackt, dass sie möglichst die gewünschte manipulative Wirkung erzielen. Unternehmen investieren ebenso in diesbezügliche Forschungen wie in die Werbung selbst. Können Eltern dem überhaupt etwas entgegensetzen?
Expertenmeinung zur Kinderwerbung
Ein Professor für Medienpädagogik der Universität in Mainz, Stefan Aufenanger, sieht den Einfluss von Werbung auf Kinder weniger kritisch. Selbstverständlich soll Werbung ein „Habenwollen“ erzeugen und dem Verbraucher Vorteile vermitteln, was der Experte als festen Bestandteil der westeuropäischen Kultur bezeichnet.Kinder hält der Professor für eine ideale Zielgruppe, da sie weniger reflektieren als Erwachsene und Botschaften ohne zu hinterfragen übernehmen. Das trifft natürlich insbesondere zu, wenn diese Glück, Spaß, Freude und Anerkennung durch Gleichaltrige versprechen. Als adäquates Mittel schlägt er Aufklärung vor, während er strikte Kaufverbote kaum als geeignete Maßnahme sieht. Auch weist er Eltern auf deren Vorbildfunktion hin.
Kritische Sichtweise der Kinder als Zielgruppe
Das „Jugendmarktforschungsinstitut iconkids & youth“ weist außerdem darauf hin, dass Kinder eine sehr kritische Zielgruppe sein können. Hält ein Produkt nicht, was es verspricht, sinkt es im Interesse. Deshalb würden etwa 80 Prozent der auf Kinder zugeschnittenen Werbemaßnahmen verpuffen.
Forschungsergebnisse zu Kaufentscheidungen von Kindern
Dem gegenüber stehen Forschungsergebnisse der Universität Dortmund und des „Forschungsinstituts für Kinderernährung“. Hier wird die Problematik vor allem bei gemeinsamen Einkäufen gesehen: Zunehmend entscheiden Kinder, was gekauft wird, wobei sie sich äußerst einfallsreich zeigen können.
Dies setze bereits im Kleinkindalter ein. Als ursächlich werden überwiegend bunte visuelle Reize angegeben, die direkt über das kindliche Unterbewusstsein wirken. Im Kindergartenalter bis ins Schulalter hinein spiele außerdem das Geltungsbedürfnis unter Gleichaltrigen den süßen Versprechungen der Werbung in die Hand.
Tipps für Eltern
Frühzeitige Auseinandersetzung mit Werbung
Einig sind sich die Experten in ihrem Rat, frühzeitig offen mit dem Thema Werbung und damit verbundenen Kaufentscheidungen umzugehen. So sollten Kinder beim Fernsehen nicht sich selbst überlassen und der Unterschied zwischen einer Sendung und Werbepausen oder eingeblendeten Werbespots aufgezeigt werden. Dies wird ab einem Alter von drei bis vier Jahren empfohlen.
Bewusste Kaufentscheidungen und Preisvergleiche
Weiterhin können Sie mit Ihrem Kind über die Eindrücke sprechen, die Werbung bei ihm hinterlässt, ihm erklären, was Werbung eigentlich ist und worauf sie abzielt. Möchte es unbedingt den teuren Joghurt in der bunten Verpackung haben, bieten sich Preisvergleiche an.
Erklären Sie Ihrem Kind, dass es vergleichbare Produkte gibt, die günstiger sind, weil weniger Werbung für sie gemacht wurde oder die Verpackung weniger aufwendig gestaltet ist.
Erläutern Sie auch, dass Werbebotschaften nicht immer der Wahrheit entsprechen, ein günstigeres Produkt ist zugleich eventuell gesünder.
Kreativer und kritischer Umgang mit Werbung
Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, dass Sie Ihr Kaufverhalten nicht von der Werbung beeinflussen lassen, und legen Sie die für Ihre Einkäufe relevanten Kriterien zusammen fest.
Vielleicht haben Sie auch Lust, sich gemeinsam Werbung für ein beliebiges Produkt auszudenken? Lassen Sie Ihr Kind Gründe überlegen, die andere Menschen zum Kauf veranlassen könnten.
Indem Sie ganz offensichtlich kritisch mit Werbung umgehen und dies auch Ihrem Kind nahebringen, lernt es, dasselbe zu tun. Dann kann auch ruhig mal eine Ausnahme erlaubt sein, die aber ausdrücklich als solche kundgetan wird.
Der Einfluss von Werbung auf Kinder ist kaum von der Hand zu weisen. Dennoch ist es möglich, Kindern einen kritischen Umgang damit nahezubringen.