Mehr Zeit für die Kinder. Ist das möglich? – Noch immer machen es die meisten Unternehmen Vätern nicht leicht, existierende Angebote, wie Elternzeit oder Teilzeitarbeit mit gutem Gewissen in Anspruch zu nehmen. Zudem halten viele Familien noch immer an der traditionellen Rollenverteilung fest.
Väter zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Wissenschaftlich gestützte Interviews mit Vätern aus unterschiedlichen sozialen Schichten und in verschiedenen Hierarchieebenen der Unternehmen ergaben, dass die meisten Männer sehr gerne mehr Zeit mit der Familie verbringen würden. Die traditionelle Rollenverteilung, bei der die Kinder zumeist von der Mutter umsorgt werden, währenddessen der Vater arbeiten geht, wird zumeist ökonomisch begründet. Nach wie vor sieht sich die überwiegende Zahl der Männer als Ernährer. Das hat zur Folge, dass sie zumeist nur am Wochenende zu Hause präsent sind und dann versuchen, entstandene Defizite bezüglich der Kindererziehung zu kompensieren.
Traditionelle Auffassung von Männlichkeit hält sich hartnäckig
Noch heute gilt der vollerwerbstätige Vater als „normal“, während die Mutter aktiv die Vollzeit-Erziehung der gemeinsamen Kinder übernimmt. Viele Chefs sehen demnach einen Vater, der für längere Zeit die gesetzlich geregelte Elternzeit in Anspruch nehmen möchte, als Abweichung von der Norm an. Einerseits wiedersetzt sich damit dem wirtschaftlichen Leitbild eines karierewilligen, allzeit verfügbaren Mitarbeiters. Zusätzlich kommen nicht selten Zweifel an seiner Männlichkeit auf.
Umdenken und Rollenwandel vollzieht sich langsam aber nachhaltig
Väter, die ihre Kinder aktiver erziehen und begleiten möchten, als es ihren eigenen Vätern jemals möglich war, finden trotz aller Negativmeldungen zunehmend mehr Unterstützung. Manche Unternehmen beziehen mit dem Zertifikat „Beruf und Familie“ bezüglich väterfreundlicher Vereinbarkeit von Beruf und Familie ganz klar Position. Sie bieten sowohl ihren weiblichen als auch allen männlichen Mitarbeitern gleichermaßen:
- flexible Arbeitszeiten
- die Möglichkeit, gesetzlich geregelte Erziehungszeiten in Anspruch zu nehmen, ohne berufliche Nachteile befürchten zu müssen
- Arbeitszeitkonten, auf denen Überstunden für zusammenhängende Freistellungszeiträume angespart werden können
- unbezahlten Sonderurlaub
- qualifizierte Kinderbetreuung, unabhängig ob Mutter oder Vater im Unternehmen beschäftigt ist
Der Rollenwandel bei den Männern vollzieht sich zugegebenermaßen recht langsam. Doch inzwischen nimmt im Bundesdurchschnitt immerhin schon jeder vierte Mann zumindest Teile des Erziehungsurlaubs. Beispiel: 2010 waren knapp 16 Prozent der Elterngeldbezieher in NRW Väter.
Vorteile für die ganze Familie
Untersuchungen haben eindeutig ergeben, dass Familien, die die klassischen Strukturen bewusst durchbrechen und sich auf eine echte Teilung der Erziehungsarbeit einlassen, mehrfach profitieren:
- Kinder, die von ihren Vätern Zuwendung und Zärtlichkeit erfahren und nicht nur an den Wochenenden aktiv begleitet werden, entwickeln sich besser und sind glücklicher.
- Die Partnerinnen können sich beruflich besser entfalten und sind zufriedener.
- Väter, die mit den Müttern gleichberechtigt Beruf und Familie unter einen Hut bringen können, sind motivierter, leistungsfähiger und oftmals sogar erfolgreicher als ihre Kollegen.
Getrennt lebende Väter
Was im „Doppelpack“ zunehmend besser gelingt, ist für getrennt lebende Väter auch heute noch beinahe unmöglich. Zum einen erhalten in Deutschland die Väter nicht ehelich geborener Kinder kein automatisches Erziehungsrecht. Auch von Scheidung betroffene Väter sehen sich nicht selten unüberwindbaren Hürden gegenüber, wenn es um die Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgaben geht.
Neben Begriffen, wie Unterhalts- und Umgangspflicht stehen einer innigen Vater-Kind-Beziehung oftmals willkürliche Entscheidungen der Mütter im Weg. Obwohl sich alle Experten einig sind, dass hierbei immer das Kind der Verlierer ist, scheinen eindeutige Urteile und Regelungen noch immer in weiter Ferne. Betroffene Väter sollten sich deshalb unbedingt kompetent beraten lassen und sich rechtzeitig professionelle Hilfe holen.
Alleinerziehende Väter
Alleinerziehende sind längst keine Randgruppe mehr. In Deutschland ist jede fünfte Familie alleinerziehend. Ein nicht unerheblicher Anteil davon sind Vater-Kind-Konstellationen. Gesellschaftliche und berufliche Unterschiede zu den alleinerziehenden Müttern gibt es dabei, statistisch gesehen, nicht mehr. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist hier für beide Geschlechter gleich gut oder gleich schwierig, je nach ausgeübtem Beruf, Unternehmensstruktur, flexiblen Kinderbetreuungsangeboten, Unterstützung innerhalb der Familie und dergleichen.
Fazit
- In Deutschland können auch heute noch weder Mütter noch Väter Beruf und Familie optimal miteinander verbinden. Trotz Elterngeld und aufteilbarer Elternzeit fehlen zumeist wichtige Rahmenbedingungen.
- Bezüglich des Männlichkeitsbildes und der Vaterrolle befindet sich Deutschland in einer Übergangsphase.
- Väter, die Familie und Beruf gemäß ihrer Lebensvorstellungen miteinander verbinden können, sind nicht nur für ihre Partnerin und die Kinder, sondern auch für die Wirtschaft eine Bereicherung. Der Weg zur Umsetzung dieser Erkenntnis ist noch lang.