Regelmäßige entwicklungsneurologische Untersuchungen sind zu empfehlen – Die Entwicklung eines Frühchens zu fördern, ist wichtig für das gesamte spätere Leben. Verschiedene Maßnahmen können Ihrem Frühgeborenen dabei helfen.
Entwicklung eines Frühchens fördern
Kommt ein Kind vor der 37. Schwangerschaftswoche bzw. mit einem Geburtsgewicht unter 2.500 Gramm zur Welt, so spricht man von einer Frühgeburt. Gesundheitliche Beeinträchtigungen und Entwicklungsstörungen nehmen zu, je eher ein Kind geboren wird und je geringer das Geburtsgewicht ist. Als kritisch gilt eine Geburt vor der 32. Schwangerschaftswoche beziehungsweise ein Geburtsgewicht unter 2.500 Gramm.
An erster Stelle steht in den ersten Lebenswochen neben der medizinischen Versorgung die Ernährung des Frühchens. Es benötigt zahlreiche Nährstoffe, um sich normal entwickeln zu können. Diese erhält es idealerweise durch Muttermilch. Bei Ersatznahrung ist unbedingt auf Qualität zu achten. Hochwertige Nahrung liefert die notwendige Energie für die körperliche Entwicklung, insbesondere des Gehirns, auch das Immunsystem profitiert davon.
Daneben benötigt es, vor allem in der ersten Zeit, Ruhe. Die üblicherweise bis zur Geburt im geschützten Mutterleib stattfindenden Entwicklungsprozesse im Gehirn finden nun außerhalb statt, weshalb eine Reizüberflutung vermieden werden muss. Dennoch ist Stimulation wichtig, um die Sinne anzuregen.
Die Förderung durch die Eltern trägt maßgeblich zur Entwicklung bei – dieser Ansicht ist unter anderem der Bundesverband „Das frühgeborene Kind“. Dazu müssen Eltern jedoch genau wissen, wie sie ihr Frühchen am besten fördern können, was voraussetzt, den Entwicklungsstand des Kindes und eventuelle Defizite zu kennen.
Regelmäßige Untersuchungen
Der Entwicklungsstand von Kindern lässt sich nur bedingt anhand einer Skala beurteilen, da die Geschwindigkeit individuell verläuft. Bei Frühgeborenen ist etwa in den ersten Lebensjahren das korrigierte Lebensalter hilfreich, um zumindest vage Vergleiche anzustellen: Die Zeitspanne zwischen der tatsächlichen Geburt und dem normalen Geburtstermin wird vom Lebensalter abgezogen.
Aber auch, wenn Sie Ihr Kind aufmerksam beobachten, können Ihnen Entwicklungsdefizite verborgen bleiben. Aus diesem Grund sind regelmäßige entwicklungsneurologische Untersuchungen zu empfehlen. Anhand der Ergebnisse können geeignete Therapiemaßnahmen gewählt werden.
Mögliche Entwicklungsstörungen
Studien haben ergeben, dass der Intelligenzquotient bei Frühgeborenen statistisch nur durchschnittlich sieben Punkte unter dem anderer Kinder liegt. Dennoch ist das Risiko einer Lernstörung bis zu elf mal höher. Weiterhin neigen zu früh geborene Kinder eher zu einem Aufmerksamkeitsdefizit, Sprachstörungen und Koordinationsstörungen (Dyspraxie).
Im Schulalter werden häufiger Lese-, Rechtschreib- und Rechenschwächen festgestellt, daneben können räumliche oder akustische Wahrnehmungsstörungen auftreten. Bei Kindern mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm steigt das Risiko für Sehstörungen und Hörprobleme steigt.
Konkrete Maßnahmen nach der Geburt
Frühchen werden nach ihrer Geburt im Allgemeinen auf einer neonatologischen Station medizinisch intensiv versorgt. Die Eltern haben zu dieser Station meist unbeschränkt Zutritt und sollten in die Behandlung Ihres Kindes stark einbezogen werden. Je nach Behandlungsbedarf werden die Frühchen entweder in einem Inkubator (Brutkasten) oder einem Wärmebett betreut.
Das bedeutet zugleich, dass die Nähe zu den Eltern durch eine gewisse Sterilität ersetzt wird. Die damit verbundenen Sinneswahrnehmungen prägen das Kind. Umso wichtiger ist der ständige Kontakt zu den Eltern, denn der Beziehungsaufbau zwischen Eltern und dem Frühgeborenen ist eine wesentliche Voraussetzung für die weitere positive Entwicklung des Kindes.
Es bietet sich an, eine Tonaufnahme mit Ihrer Stimme anzufertigen und diese dem Kind während Ihrer Abwesenheit vorzuspielen. Es kennt vertraute Stimmen aus der Zeit im Mutterleib, sie vermitteln ihm Geborgenheit.
Als effektive Therapieform hat sich das sogenannte „Känguruhen“ bewährt: Bei dieser Kuschelmethode liegt das Baby Haut an Haut auf der Brust der Mutter oder des Vaters und kann so deren Herzschlag, die Atmung und den Geruch wahrnehmen. Der direkte Körperkontakt mit den Eltern gehört zu den Grundbedürfnissen eines Säuglings. Das dadurch vermittelte Vertrauen und die Zuneigung tragen wesentlich zur gesunden Weiterentwicklung des Frühchens bei. Zusätzlich wird die emotionale Bindung zwischen Eltern und Kind gefördert.
Hilfreich ist es, dies durch Musik zu unterstützen. Wählen Sie ruhige Musik mit harmonischen Klängen!
Bedenken Sie stets, dass Ihr Kind zu früh den schützenden Mutterleib verlassen hat. Die Bewegungen waren sanft schaukelnd, die Umgebung war dunkel, alle Töne waren gedämpft. Sie helfen Ihrem Kind in der ersten Zeit, wenn Sie diese Zustände möglichst nachahmen, indem das Zimmer abgedunkelt wird und es keine unnötigen Geräusche gibt. Ein Wasserbett passt sich dem Körper und den Bewegungen sanft an.
Weitere Maßnahmen
Welche Art der Förderung ein Frühchen im Einzelfall benötigt, hängt von den ärztlichen Untersuchungen ab. Neben der Stimulation der Sinne ist jedoch grundsätzlich die Entwicklung der Motorik zu unterstützen.
Durch wiederkehrende Bewegungsabläufe wird das Gehirn geschult. Es werden Verknüpfungen erstellt, die später die Koordination ermöglichen. Sie können zu Hause die Ärmchen und Beinchen bewegen und Ihr Kind zum Greifen animieren. Daneben bietet sich eine professionelle Physiotherapie an, die möglichst frühzeitig begonnen werden sollte: Was das Gehirn früh lernt, muss es später nicht nachholen.
Soziale Komponente
So wichtig Ihre Fürsorge bei einem Frühchen ist, Ihr Kind soll sich zu einer eigenständigen Persönlichkeit entwickeln. Früh geborene Kinder sind oft kleiner als Gleichaltrige, werden in den ersten Lebensjahren häufiger krank und die Sorge der Eltern ist bisweilen groß. Das kann dazu führen, dass ein Kind überbehütet wird.
Die Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins sollte aber nicht beeinträchtigt werden. Ihr Kind muss eigene Erfahrungen sammeln können und lernen, mit anderen Kindern umzugehen. Das trifft insbesondere auch dann zu, wenn es zierlicher und kleiner als andere ist und es, wie bei kleinen Kindern gelegentlich üblich, mal etwas rabiater zugeht.
Spätestens im Kindergarten muss es sich gegenüber anderen behaupten können und andererseits die Erfahrung gemacht haben, dass es keine Sonderstellung einnimmt. Es gilt daher, Ihr Frühchen zu fördern, wo es erforderlich ist, es aber bei aller Sorge nicht übermäßig zu behüten.
Zusammenarbeit zwischen Eltern und Fachleuten
Idealerweise findet die frühzeitige Geburt in einer gut ausgestatteten Klinik mit erfahrenem Fachpersonal statt. Dort wird es sofort nach der Geburt professionell versorgt und untersucht. Speziell geschulte Therapeuten helfen dem Frühchen bereits in den ersten Tagen, indem sie die eigenständige Atmung und den Saugreflex anregen, die Sinne stimulieren und die Motorik fördern.
Moderne Technologien ermöglichen es, relevante Untersuchungen im Brutkasten durchzuführen. Das Kind wird so möglichst wenig Stress ausgesetzt und es können frühzeitige Diagnosen erstellt werden. Damit ist sichergestellt, dass das Kind optimal medizinisch versorgt und in der Entwicklung gefördert werden kann, um eventuellen Defiziten gezielt entgegenzuwirken.
Sobald der Zustand des Kindes es zulässt, sollten die Eltern aktiv einbezogen werden. Das beginnt bei der „Känguru-Methode“ und setzt sich in therapeutischen Maßnahmen fort. Schließlich sollen die Eltern in der Lage sein, sich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus optimal um ihr Kind zu kümmern. Die enge Kooperation gibt ihnen außerdem Sicherheit und kann ein wenig die Sorge um das Frühchen nehmen.
Die Zusammenarbeit ist selbstverständlich auch nach der Entlassung noch wichtig. Dazu zählen vor allem Kontrolluntersuchungen, um Entwicklungsauffälligkeiten zu erkennen. Eventuell anschließende medizinische, therapeutische und häusliche Fördermaßnahmen sollten Hand in Hand gehen.
Bei einer optimalen Versorgung durch Eltern und Fachleute holen Frühgeborene in den meisten Fällen die anfänglichen Defizite in den ersten Lebensjahren auf, so dass später keine oder nur sehr geringe Einschränkungen zu erwarten sin
Folgendes müssen Sie bei der Entwicklung eines Frühchens beachten
- frühzeitige und regelmäßige Untersuchungen
- hochwertige Ernährung
- Sinne stimulieren
- Motorik fördern
- professionelle Unterstützung annehmen
- nicht überbehüten
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- Ihr Kind ist ein Kämpfer, auch als Frühchen ist es robuster als Sie denken
- Nehmen Sie Untersuchungstermine regelmäßig wahr
Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.