Was versteht man unter einer Reittherapie? Die Reittherapie nimmt heutzutage eine einzigartige Stellung unter den tiergestützten Therapien ein. Ärzte, Pädagogen, Psychologen, Sprachtherapeuten und Krankengymnasten schätzen zunehmend die unterstützenden und heilenden Kräfte des Pferdes.
Der Einsatz von Tieren – Therapie mit Tradition
Erste Berichte zum Einsatz von Tieren in der Therapie sind bereits im späten 8. Jahrhundert dokumentiert. Somit blickt auch die Reittherapie auf eine lange Tradition zurück.
Die Geschichte von Mensch und Pferd ist schon sehr lange und eng miteinander verknüpft. Daraus resultiert eine tiefe Verbundenheit. Attribute die wir noch heute mit dem Pferd assoziieren sind Freiheit, Abenteuer, Stärke und Mut – aber auch die Sanftheit und Treue dieser Tiere ist wesentlich. Die Pferde sind ein Symbol menschlicher Taten, Erfahrungen, Wünsche und Phantasien. Sie sprechen unsere Emotionen in ganz spezieller Weise an.
Pferde sind fürsorglich, sie tragen den Klienten und fördern dabei gleichzeitig Verantwortung und Mut, denn das Tier muss geführt und gesteuert werden. Vom Rücken eines Pferdes aus übertragen sich Schwingungsbewegungen auf den Reiter, die zu einem Bewegungsdialog zwischen Mensch und Pferd führen. Die rhythmische Bewegung des Pferdes im Schritt ist der des Menschen sehr ähnlich.
Stimulation in der Dreidimensionalen
Die Reittherapie stimuliert auf körperlicher sowie auf geistiger Ebene und integriert den Bewegungsablauf in der Dreidimensionalen.
Durch die Reittherapie wird auf der physiologischen Ebene vor allem der Muskeltonus, d.h. der Spannungszustand in den Muskeln beeinflusst. Als Folge von Krankheiten wie z.B. Spastik und Kinderlähmung, aber oft auch nach Unfällen oder Sauerstoffmangel bei der Geburt, ist diese wichtige Regulation gestört. Die Muskeln können sich nicht mehr richtig entspannen.
Durch Bewegungsübungen auf dem Pferd verbessert sich der Muskeltonus, ohne dass sich der Patient zu sehr anstrengen muss. Haltung, Koordination und Gleichgewicht werden spielerisch trainiert und Selbstheilungskräfte somit aktiviert.
Bei welchen Krankheiten ist eine Reittherapie sinnvoll und welche Auswirkungen hat sie auf Körper und Geist des Kindes?
Die Reittherapie ist bei vielen Einschränkungen, Entwicklungsverzögerungen oder auch Störungs- und Krankheitsbilder geeignet. Bei Krankheiten, wie Spastik und Kinderlähmung, aber auch Autismus erzielt die Reittherapie gute Erfolge.
Das Führtraining eines Pferdes beispielsweise fördert nicht nur die Konzentration, sondern auch die Merkfähigkeit des Patienten. So werden spielerisch schrittweise komplexe Aufgabenstellungen erfüllt und gleichzeitig wird der Kontakt zum Pferd gefördert.
Die eigene Wahrnehmung und Körpersprache dienen der Kommunikation mit dem Pferd. Zwanglose Übungen gleichen Defizite aus und steigern das Selbstwertgefühl. Der jeweilige Erfolg vermittelt meist ein positives Grundgefühl.
Ab welchem Alter ist Reittherapie sinnvoll?
Richtlinien bezüglich Altersbegrenzungen gibt es bei der Reittherapie nicht. Sobald das Kind bewegungs- und haltungssicher ist und zudem eine Affinität zum Pferd besitzt, kann es an der Reittherapie teilnehmen. Ab einem Alter von eineinhalb Jahren ist es möglich, zusammen mit Vater oder Mutter auf dem Pferd zu sitzen und an die Bewegung auf und mit dem Pferd herangeführt zu werden.
Wie gestaltet sich eine Therapieeinheit?
Der Reittherapeut gestaltet gemeinsam mit jedem einzelnen Patienten die Reitstunden so, dass individuelle Ziele angestrebt und verwirklicht werden können. Ein wichtiger Bestandteil der Therapie ist der eigentliche Umgang mit dem Pferd. Eine positive Verbindung zwischen Reiter und Pferd entsteht oft bereits in der Vorbereitung und beim Führen des Pferdes. Im Anschluss daran haben die meisten genug Vertrauen gefasst, um aufzusteigen und erste Reiterfahrungen zu sammeln.
Die Basis hierfür bietet ein sicheres und gut ausgebildetes Therapiepferd, das sich in Tempo und Schrittlänge an die Bedürfnisse eines jeden anpasst. Ist genügend Sicherheit im Umgang mit dem Pferd vorhanden, kann auch ein Wechsel in eine heilpädagogische Reitgruppe erfolgen.
Werden die Kosten für die Therapie von der Kasse übernommen?
Die Kostenübernahme für die Reittherapie wird von der gesetzlichen Krankenkasse leider nur im Einzelfall genehmigt. Die privaten Krankenkassen öffnen sich der Reittherapie allerdings zunehmend und übernehmen die Therapiekosten.
Die Kosten einer Reittherapie belaufen sich auf 40 bis 70 Euro pro Stunde, je nach Einzel- oder Gruppentherapie und Dauer der Therapieeinheit.
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Fazit
- Die Reittherapie nimmt eine einzigartige Stellung unter den tiergestützten Therapien ein
- Reittherapie stimuliert körperlich und geistig in der Dreidimensionalen
- Bei Spastik, Kinderlähmung, aber auch bei Autismus sowie psychosomatischen Erkrankungen erzielt die Reittherapie gute Erfolge
- Therapieinhalt ist der Umgang, das Führen, sowie das Reiten des Pferdes
- Erfolgserlebnisse der kleinen und großen Patienten fördern die Selbstheilungsprozesse
- Es gibt keine Altersbegrenzung für die Teilnahme an einer Reittherapie
- Die Therapiekosten werden in Einzelfällen von den Krankenkassen übernommen
Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.