Nabelschnurblut: Eine hinterfragte Therapieoption

Nabelschnurblut: Eine hinterfragte Therapieoption

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Alle Beiträge des Experten

Nabelschnurblut: Eine hinterfragte Therapieoption

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Hintergründe zur Entnahme, Verwendung und Lagerung – Nabelschnurblut – oder auch Plazentarestblut – stammt aus der Nabelschnur und der Plazenta. Nach der Abnabelung kann es gesammelt und entweder als Spende in einer öffentlichen Nabelschnurblutbank oder zur privaten Verwendung eingelagert werden. Voraussetzung dafür ist, dass Sie rechtzeitig vor der Geburt eine entsprechende Entscheidung treffen.


Nabelschnurblut

Für viele Eltern ist die Verwendung des Nabelschnurblutes eine kontroverse Frage. In nahezu jedem Geburtsvorbereitungskurs wird dieses Thema ausführlich diskutiert. Die Tendenz in der medizinischen Debatte geht derzeit zu öffentlichen Spenden.

Nabelschnurblut – bei über 70 Krankheiten eine Therapieoption

Das Nabelschnurblut enthält ganz besondere Zellen: Die sogenannten hämatopoetischen (blutbildenden) Stammzellen sind noch nicht auf einen bestimmten Zelltyp festgelegt und können daher im Körper verschiedene Zell- oder Gewebetypen bilden. Mit den Stammzellen aus der Nabelschnur lassen sich daher verschiedene Krankheitsbilder therapieren.

Nach aktuellem Forschungsstand können sie bei der Behandlung von über 70 Erkrankungen zum Einsatz kommen.

Dazu gehören unter anderem verschiedene Formen der Leukämie, Lymphome (Tumore des Lymphgewebes), Sichelzellanämie sowie angeborene Immundefekte.

Nach einer Transplantation sorgen die Nabelschnurblut-Stammzellen beispielsweise für die Bildung neuen, gesunden Blutes.

Da ihre Fähigkeit, andere Zellen abzuwehren, noch nicht sehr stark entwickelt ist, reagiert der Organismus des Empfängers seltener mit Abstoßungsreaktionen als bei einer Transplantation von Stammzellen aus dem Knochenmark.

Insgesamt steht die Stammzellforschung noch weitgehend am Anfang, die Wissenschaftler rechnen damit, dass sich das Spektrum der Therapieoptionen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten deutlich erweitern wird.

Zahl der Eigenverwendungen – weltweit sehr gering

In Deutschland sind Stammzellen aus dem Nabelschnurblut derzeit für die Therapie von Blutkrankheiten wie Leukämie sowie von Stoffwechsel- und genetischen Erkrankungen zugelassen.

Aus diesen Indikationen resultiert aber auch eine gewisse Skepsis der Experten gegenüber der Einlagerung des Nabelschnurblutes für den „Eigenbedarf“ des Kindes.

Die Anlagen für diese Krankheiten sind mit wenigen Ausnahmen auch in den Stammzellen aus der Nabelschnur gespeichert – sie werden durch die Therapie also wieder in den Körper eingefügt und können unter Umständen zu Rückfällen oder neuen Krankheitsschüben führen.

Behandlungserfolge werden auch international bisher vor allem durch fremdes Nabelschnurblut erzielt. Die globale Statistik darüber ist recht eindrucksvoll:

Bis 2010 wurden weltweit etwa 14.000 Nabelschnurblut-Spenden von Fremden transplantiert. Trotzdem mehr Nabelschnurblut privat eingelagert als öffentlich gespendet wurde, stehen dieser Zahl nur 100 bis 300 Eigenverwendungen gegenüber.

Für eine öffentliche Spende spricht auch ein anderer Wert:

Das National Marrow Donor Program – eine gemeinnützige Organisation in den USA mit dem größten Nabelschnurblut-Spendenregister des Landes – geht davon aus, dass die Chance auf passendes Transplantationsgewebe bei Geschwistern nur 25 Prozent beträgt. Die Wahrscheinlichkeit, in einem öffentlichen Nabelschnurblut-Register einen passenden Spender zu finden, wird von den Experten dagegen auf mindestens 75 Prozent geschätzt.

Welche Verwendungsformen für das Nabelschnurblut gibt es?

Aus diesen Zahlen ergibt sich zwangsläufig ein Dilemma für die Eltern. Mit der Einlagerung von Nabelschnurblut verbinden die meisten von ihnen vermutlich in erster Linie den Gedanken, für das eigene Kind im Falle einer schweren Krankheit „maximale Sicherheit“ zu schaffen.

Generell sind für das Nabelschnurblut drei Verwendungsformen möglich:

  • Die persönliche (autologe) Verwendung wird von den kommerziellen Nabelschnurblutbanken angeboten. Gegen eine Gebühr wird das Blut ausschließlich für den persönlichen Gebrauch des betreffenden Kindes eingelagert. Auch an Geschwisterkinder darf dieses Nabelschnurblut nicht gegeben werden. Bei der Entscheidung für diese Option muss also für jedes Kind eine separate Einlagerung erfolgen.
  • Die Fremdverwendung (allogene Verwendung) ergibt sich normalerweise aus einer öffentlichen Spende, die in ein öffentliches Spendenregister eingetragen wird. Öffentliche Spenden sind kostenlos. Das Nabelschnurblut steht Ihrem Kind dann natürlich nicht mehr zur Verfügung. Falls es die Stammzellen aus der Nabelschnur später selber nötig hat und die Spende noch nicht verwendet wurde, gibt es jedoch eine – juristisch allerdings nicht garantierte – Chance, dass es darauf Zugriff hat. Die Lagerung der Spenden erfolgt in pseudonymisierter Form, so dass sich die Herkunft der Stammzellen gegebenenfalls zurückverfolgen lässt. Durch die Nabelschnurblutbanken wird eine noch vorhandene Spende in solchen Fällen in der Regel freigegeben.
  • Eine sehr seltene Sonderform ist die sogenannte gerichtete Spende. Dabei wird bereits vor der Entbindung ein bereits erkrankter Verwandter, beispielsweise ein Geschwisterkind, als Empfänger festgelegt. Das Nabelschnurblut wird in diesem Fall nicht eingelagert, sondern kommt möglichst unmittelbar zum Einsatz. Die Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten für die Prozedur.
  • Die Entscheidung über die Verwendung des Nabelschnurblutes können ausschließlich die Eltern treffen. Offizielle Empfehlungen dazu geben bisher auch ausgewiesene Experten nicht ab. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens überhaupt eine Stammzelltherapie benötigt, ist gering.

Nabelschnurblut

Welche Voraussetzungen gelten für eine öffentliche Spende?

Die wichtigsten Voraussetzungen für eine öffentliche Spende von Nabelschnurblut bestehen darin, dass Sie volljährig und gesund sind, die Schwangerschaft komplikationslos verlaufen ist und das Kind voll ausgereift – also nach der 35. Schwangerschaftswoche – zur Welt kommt.

Insgesamt ist die Spende von Nabelschnurblut mit einer Blutspende vergleichbar.

Die Mutter füllt einen ausführlichen Gesundheitsfragebogen aus. Während der Geburt wird ihr außerdem eine Blutprobe entnommen, die auf Infektionen sowie bestimmte Gewebemerkmale getestet wird.

Der optimale Zeitpunkt für die Spende liegt im zweiten Schwangerschaftstrimester, auf jeden Fall muss sie mindestens sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin gemacht worden sein.

Auch die Entscheidung für den Geburtsort wird hierdurch beeinflusst – nicht alle Geburtskliniken sind bereit und in der Lage, Nabelschnurblut-Spenden anzunehmen. Informationen hierzu gibt die gewünschte Klinik.

Die öffentlichen Nabelschnurblutbanken publizieren im Internet außerdem Übersichten ihrer kooperierenden Krankenhäuser.

Für Fragen stehen den Spendern sowohl die Kliniken als auch die Nabelschnurblutbanken zur Verfügung.

Vorbereitung der privaten Einlagerung von Nabelschnurblut

Für die private Einlagerung von Nabelschnurblut gelten prinzipiell die gleichen Regeln.

Die wichtigste Voraussetzung ist hier, dass die kommerzielle Nabelschnurblutbank mit der Entbindungsklinik kooperiert.

Zum Teil nehmen die Blutbanken auch selbst Kontakt zu der gewünschten Klinik auf und regeln die Formalien und Zertifizierungen für die Blutentnahme. Auch hier braucht die Blutbank eine gewisse Vorlaufzeit – die Entscheidung für eine private Einlagerung von Nabelschnurblut sollte also ebenfalls zu einem möglichst frühen Zeitpunkt fallen.

Nachdem der Vertrag über die Einlagerung unterzeichnet ist, erhalten Sie einen Fragebogen für Ihren Frauenarzt, der die Blutuntersuchungsergebnisse aus dem Mutterpass in diesen überträgt. Die Kosten dafür sowie für zusätzliche Untersuchungen werden durch die Nabelschnurblutbank übernommen.

Falls der Entnahme von Nabelschnurblut keine medizinischen Gründe entgegenstehen, übersendet die Blutbank etwa sechs bis acht Wochen vor dem Geburtstermin Ihr Entnahmeset, das später in die Klinik mitgenommen werden muss. Wichtig:

Das Set darf vor der Verwendung auf keinen Fall geöffnet werden.

Wie wird das Nabelschnurblut entnommen?

Das Nabelschnurblut wird aus dem Nabelschnurrest der Mutter und aus der Plazenta entnommen, sobald das Baby abgenabelt ist. Ob das Kind vaginal oder durch einen Kaiserschnitt entbunden wurde, spielt für das Prozedere keine Rolle.

Für die Entnahme wird eine Nadel in die Vene der Nabelschnur gestochen, was für die Mutter schmerzlos ist. Das Nabelschnurblut wird in einem sterilen Behältnis aufgefangen, das danach versiegelt wird.

Die Nabelschnurblutbank testet anschließend verschiedene Parameter. Wenn das Blut den Anforderungen entspricht, wird es innerhalb von 48 Stunden endgültig aufbereitet und bei – 195 Grad Celsius eingefroren.

Vor allem bei einer öffentlichen Spende ist die wichtigste Untersuchung die Bestimmung des HLA-Gewebetyps. Die „Humanen Leukozyten-Antigene“ (HLA) beeinflussen die Abwehrreaktion bei einer Transplantation.

Wenn sie bei Spender und Empfänger nicht in mindestens vier von sechs Merkmalen identisch sind, können die Spenderzellen gegen den Patienten reagieren.

Außerdem wird das Nabelschnurblut auf das Vorliegen von Infektionskrankheiten sowie die Anzahl intakter und lebender Stammzellen überprüft.

Bei den öffentlichen Nabelschnurblutbanken werden aus Kostengründen nur Spenden mit einem hohen Anteil gesunder Stammzellen eingelagert – je nach Blutbank sind dies 20 bis 40 Prozent aller Spenden. Der Rest wird vernichtet oder der wissenschaftlichen Forschung zugeführt. Eine Information darüber, ob ihre Spende eingelagert wurde, erhalten die Eltern nicht zwangsläufig. Benachrichtigt werden sie jedoch, wenn sich bei der Untersuchung des Nabelschnurblutes Hinweise auf Erkrankungen zeigen.

Für die wissenschaftliche Verwendung nicht eingelagerter Stammzellen hat der Gesetzgeber ausdrücklich die Einwilligung der Eltern vorgesehen. Befürchtungen, dass Forscher aus diesen Zellen das Baby klonen könnten, sind übrigens völlig unbegründet. Entsprechende Versuche sind in Deutschland juristisch strikt verboten und auch aus wissenschaftlicher Sicht nicht realistisch.

Was ist bei einer privaten Einlagerung wichtig?

Die Einlagerung von Nabelschnurblut ist teuer. Die Entnahme und die Tests kosten auch die öffentlichen Nabelschnurblutbanken pro Präparat weit über 1.000 Euro, dazu kommen die Kosten für die Lagerung. Die kommerziellen Anbieter berechnen recht unterschiedliche Preise.

Die sogenannte Einrichtungsgebühr beläuft sich auf 150 bis 300 Euro. Falls das Nabelschnurblut aus medizinischen Gründen nicht entnommen oder nicht eingelagert werden kann, wird sie entweder teilweise oder komplett erstattet.

Die weiteren Kosten richten sich nach der Vertragsdauer für die Einlagerung, nach dem Service der Nabelschnurblutbank sowie den vereinbarten Garantien. Pro Vertragsjahr ergeben sich daraus Beträge zwischen 100 und 300 Euro.

Einige kommerzielle Nabelschnurblutbanken ermöglichen Jahresraten, in der Regel wird jedoch zum Vertragsbeginn die gesamte Summe fällig. Für Mehrlinge oder Geschwisterkinder werden oft Rabatte angeboten. Die meisten kommerziellen Nabelschnurblutbanken kooperieren mit Kreditinstituten für eine Ratenfinanzierung.

Bei einigen kommerziellen Blutbanken lässt sich die private Einlagerung mit einer Spenden-Option kombinieren.

Falls das Nabelschnurblut später als Spende benötigt und von den Eltern freigegeben wird, erhalten diese zumindest einen Teil ihrer Ausgaben für die Entnahme und Einlagerung zurück.

Allerdings stellen internationale Spendenregister, darunter auch das Zentrale Knochenmarkspendenregister Deutschland, solche Vielleicht-Spenden nicht in ihre Datenbanken ein. Dass die vereinbarte Option tatsächlich irgendwann zu einer Spende führt, ist also recht unwahrscheinlich.

Die private Einlagerung von Nabelschnurblut ist eine sehr langfristige Investition in die Zukunft Ihres Kindes. Die Nabelschnurblutbank Ihrer Wahl sowie den Vertrag sollten Sie daher sehr gründlich prüfen und die Konditionen auch mit anderen Anbietern vergleichen.

Die grundsätzlichen Qualitätsstandards werden durch das Arzneimittelgesetz definiert, da Nabelschnurblut juristisch als Arzneimittel angesehen wird. Wichtig sind jedoch auch die Service- und Beratungsleistungen der Blutbank, die Qualität der Lagerung sowie die Erfahrung, die das Unternehmen in diesem Geschäftsfeld nachweist.

Auch die Vereinbarung von Sicherheiten im Insolvenzfall sowie von Haftungsansprüchen – beispielsweise, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Anzahl der Stammzellen für eine erfolgversprechende Therapie nicht ausreicht – ist bei der privaten Einlagerung von Nabelschnurblut unverzichtbar und muss vertraglich festgehalten werden.

Vor allem im Hinblick auf die Folgen einer späteren Geschäftsaufgabe ist die Kooperation der privaten Blutbank mit öffentlichen Institutionen – etwa Krankenhäusern oder Universitäten – vorteilhaft.

Die Erfahrungen mit der Langzeiteinlagerung von Nabelschnurblut sind bisher begrenzt

Ob Sie sich für die Einlagerung von Nabelschnurblut zur privaten Verwendung entscheiden, liegt einzig und allein in Ihrem persönlichen Ermessen.

Auch Egoismus-Vorwürfe anderer sind hier völlig deplatziert – schließlich machen Sie sich Sorgen um die Zukunft Ihres Kindes und möchten dafür sorgen, dass ihm bei einer schweren Krankheit auch durch diese Therapieoption geholfen werden kann.

Ebenso legitim ist, wenn Sie sich gegen die Einlagerung von Nabelschnurblut entscheiden, da Ihnen beispielsweise die Forschung auf diesem Gebiet noch zu wenig fortgeschritten ist.

Neben den heute noch begrenzten wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Einsatzmöglichkeiten der Stammzellen aus dem Blut der Nabelschnur ist bisher auch nicht bekannt, wie lange die Zellen in der Kälte wirklich überleben können. Belegt ist bisher eine erfolgreiche Lagerung für einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren.

Der Intention nach sollen jedoch zumindest die Nabelschnurblut-Stammzellen für die persönliche Verwendung dafür sorgen, dass durch sie ein lebenslanges „Sicherheitsnetz“ für Ihr Kind besteht.

© Paul Hakimata – Fotolia.com

Fazit:

  • Nabelschnurblut enthält Stammzellen, die sich zur Therapie von Krankheiten (z.B. Leukämie) eignen.
  • Entnahme des Nabelschnurblutes kann für eine private Verwendung, eine öffentliche Spende oder als gerichtete Spende erfolgen.
  • Stammzellenforschung ist eine sehr junge Wissenschaft – Therapieoptionen werden sich künftig stark erweitern.
  • Sich auf jeden Fall genau informieren
Arztgeprüft

Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.

Unsere Ratgeber:

Hintergründe zur Entnahme, Verwendung und Lagerung – Nabelschnurblut – oder auch Plazentarestblut – stammt aus der Nabelschnur und der Plazenta. Nach der Abnabelung kann es gesammelt und entweder als Spende in einer öffentlichen Nabelschnurblutbank oder zur privaten Verwendung eingelagert werden. Voraussetzung dafür ist, dass Sie rechtzeitig vor der Geburt eine entsprechende Entscheidung treffen.


Nabelschnurblut

Für viele Eltern ist die Verwendung des Nabelschnurblutes eine kontroverse Frage. In nahezu jedem Geburtsvorbereitungskurs wird dieses Thema ausführlich diskutiert. Die Tendenz in der medizinischen Debatte geht derzeit zu öffentlichen Spenden.

Nabelschnurblut – bei über 70 Krankheiten eine Therapieoption

Das Nabelschnurblut enthält ganz besondere Zellen: Die sogenannten hämatopoetischen (blutbildenden) Stammzellen sind noch nicht auf einen bestimmten Zelltyp festgelegt und können daher im Körper verschiedene Zell- oder Gewebetypen bilden. Mit den Stammzellen aus der Nabelschnur lassen sich daher verschiedene Krankheitsbilder therapieren.

Nach aktuellem Forschungsstand können sie bei der Behandlung von über 70 Erkrankungen zum Einsatz kommen.

Dazu gehören unter anderem verschiedene Formen der Leukämie, Lymphome (Tumore des Lymphgewebes), Sichelzellanämie sowie angeborene Immundefekte.

Nach einer Transplantation sorgen die Nabelschnurblut-Stammzellen beispielsweise für die Bildung neuen, gesunden Blutes.

Da ihre Fähigkeit, andere Zellen abzuwehren, noch nicht sehr stark entwickelt ist, reagiert der Organismus des Empfängers seltener mit Abstoßungsreaktionen als bei einer Transplantation von Stammzellen aus dem Knochenmark.

Insgesamt steht die Stammzellforschung noch weitgehend am Anfang, die Wissenschaftler rechnen damit, dass sich das Spektrum der Therapieoptionen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten deutlich erweitern wird.

Zahl der Eigenverwendungen – weltweit sehr gering

In Deutschland sind Stammzellen aus dem Nabelschnurblut derzeit für die Therapie von Blutkrankheiten wie Leukämie sowie von Stoffwechsel- und genetischen Erkrankungen zugelassen.

Aus diesen Indikationen resultiert aber auch eine gewisse Skepsis der Experten gegenüber der Einlagerung des Nabelschnurblutes für den „Eigenbedarf“ des Kindes.

Die Anlagen für diese Krankheiten sind mit wenigen Ausnahmen auch in den Stammzellen aus der Nabelschnur gespeichert – sie werden durch die Therapie also wieder in den Körper eingefügt und können unter Umständen zu Rückfällen oder neuen Krankheitsschüben führen.

Behandlungserfolge werden auch international bisher vor allem durch fremdes Nabelschnurblut erzielt. Die globale Statistik darüber ist recht eindrucksvoll:

Bis 2010 wurden weltweit etwa 14.000 Nabelschnurblut-Spenden von Fremden transplantiert. Trotzdem mehr Nabelschnurblut privat eingelagert als öffentlich gespendet wurde, stehen dieser Zahl nur 100 bis 300 Eigenverwendungen gegenüber.

Für eine öffentliche Spende spricht auch ein anderer Wert:

Das National Marrow Donor Program – eine gemeinnützige Organisation in den USA mit dem größten Nabelschnurblut-Spendenregister des Landes – geht davon aus, dass die Chance auf passendes Transplantationsgewebe bei Geschwistern nur 25 Prozent beträgt. Die Wahrscheinlichkeit, in einem öffentlichen Nabelschnurblut-Register einen passenden Spender zu finden, wird von den Experten dagegen auf mindestens 75 Prozent geschätzt.

Welche Verwendungsformen für das Nabelschnurblut gibt es?

Aus diesen Zahlen ergibt sich zwangsläufig ein Dilemma für die Eltern. Mit der Einlagerung von Nabelschnurblut verbinden die meisten von ihnen vermutlich in erster Linie den Gedanken, für das eigene Kind im Falle einer schweren Krankheit „maximale Sicherheit“ zu schaffen.

Generell sind für das Nabelschnurblut drei Verwendungsformen möglich:

  • Die persönliche (autologe) Verwendung wird von den kommerziellen Nabelschnurblutbanken angeboten. Gegen eine Gebühr wird das Blut ausschließlich für den persönlichen Gebrauch des betreffenden Kindes eingelagert. Auch an Geschwisterkinder darf dieses Nabelschnurblut nicht gegeben werden. Bei der Entscheidung für diese Option muss also für jedes Kind eine separate Einlagerung erfolgen.
  • Die Fremdverwendung (allogene Verwendung) ergibt sich normalerweise aus einer öffentlichen Spende, die in ein öffentliches Spendenregister eingetragen wird. Öffentliche Spenden sind kostenlos. Das Nabelschnurblut steht Ihrem Kind dann natürlich nicht mehr zur Verfügung. Falls es die Stammzellen aus der Nabelschnur später selber nötig hat und die Spende noch nicht verwendet wurde, gibt es jedoch eine – juristisch allerdings nicht garantierte – Chance, dass es darauf Zugriff hat. Die Lagerung der Spenden erfolgt in pseudonymisierter Form, so dass sich die Herkunft der Stammzellen gegebenenfalls zurückverfolgen lässt. Durch die Nabelschnurblutbanken wird eine noch vorhandene Spende in solchen Fällen in der Regel freigegeben.
  • Eine sehr seltene Sonderform ist die sogenannte gerichtete Spende. Dabei wird bereits vor der Entbindung ein bereits erkrankter Verwandter, beispielsweise ein Geschwisterkind, als Empfänger festgelegt. Das Nabelschnurblut wird in diesem Fall nicht eingelagert, sondern kommt möglichst unmittelbar zum Einsatz. Die Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten für die Prozedur.
  • Die Entscheidung über die Verwendung des Nabelschnurblutes können ausschließlich die Eltern treffen. Offizielle Empfehlungen dazu geben bisher auch ausgewiesene Experten nicht ab. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens überhaupt eine Stammzelltherapie benötigt, ist gering.

Nabelschnurblut

Welche Voraussetzungen gelten für eine öffentliche Spende?

Die wichtigsten Voraussetzungen für eine öffentliche Spende von Nabelschnurblut bestehen darin, dass Sie volljährig und gesund sind, die Schwangerschaft komplikationslos verlaufen ist und das Kind voll ausgereift – also nach der 35. Schwangerschaftswoche – zur Welt kommt.

Insgesamt ist die Spende von Nabelschnurblut mit einer Blutspende vergleichbar.

Die Mutter füllt einen ausführlichen Gesundheitsfragebogen aus. Während der Geburt wird ihr außerdem eine Blutprobe entnommen, die auf Infektionen sowie bestimmte Gewebemerkmale getestet wird.

Der optimale Zeitpunkt für die Spende liegt im zweiten Schwangerschaftstrimester, auf jeden Fall muss sie mindestens sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin gemacht worden sein.

Auch die Entscheidung für den Geburtsort wird hierdurch beeinflusst – nicht alle Geburtskliniken sind bereit und in der Lage, Nabelschnurblut-Spenden anzunehmen. Informationen hierzu gibt die gewünschte Klinik.

Die öffentlichen Nabelschnurblutbanken publizieren im Internet außerdem Übersichten ihrer kooperierenden Krankenhäuser.

Für Fragen stehen den Spendern sowohl die Kliniken als auch die Nabelschnurblutbanken zur Verfügung.

Vorbereitung der privaten Einlagerung von Nabelschnurblut

Für die private Einlagerung von Nabelschnurblut gelten prinzipiell die gleichen Regeln.

Die wichtigste Voraussetzung ist hier, dass die kommerzielle Nabelschnurblutbank mit der Entbindungsklinik kooperiert.

Zum Teil nehmen die Blutbanken auch selbst Kontakt zu der gewünschten Klinik auf und regeln die Formalien und Zertifizierungen für die Blutentnahme. Auch hier braucht die Blutbank eine gewisse Vorlaufzeit – die Entscheidung für eine private Einlagerung von Nabelschnurblut sollte also ebenfalls zu einem möglichst frühen Zeitpunkt fallen.

Nachdem der Vertrag über die Einlagerung unterzeichnet ist, erhalten Sie einen Fragebogen für Ihren Frauenarzt, der die Blutuntersuchungsergebnisse aus dem Mutterpass in diesen überträgt. Die Kosten dafür sowie für zusätzliche Untersuchungen werden durch die Nabelschnurblutbank übernommen.

Falls der Entnahme von Nabelschnurblut keine medizinischen Gründe entgegenstehen, übersendet die Blutbank etwa sechs bis acht Wochen vor dem Geburtstermin Ihr Entnahmeset, das später in die Klinik mitgenommen werden muss. Wichtig:

Das Set darf vor der Verwendung auf keinen Fall geöffnet werden.

Wie wird das Nabelschnurblut entnommen?

Das Nabelschnurblut wird aus dem Nabelschnurrest der Mutter und aus der Plazenta entnommen, sobald das Baby abgenabelt ist. Ob das Kind vaginal oder durch einen Kaiserschnitt entbunden wurde, spielt für das Prozedere keine Rolle.

Für die Entnahme wird eine Nadel in die Vene der Nabelschnur gestochen, was für die Mutter schmerzlos ist. Das Nabelschnurblut wird in einem sterilen Behältnis aufgefangen, das danach versiegelt wird.

Die Nabelschnurblutbank testet anschließend verschiedene Parameter. Wenn das Blut den Anforderungen entspricht, wird es innerhalb von 48 Stunden endgültig aufbereitet und bei – 195 Grad Celsius eingefroren.

Vor allem bei einer öffentlichen Spende ist die wichtigste Untersuchung die Bestimmung des HLA-Gewebetyps. Die „Humanen Leukozyten-Antigene“ (HLA) beeinflussen die Abwehrreaktion bei einer Transplantation.

Wenn sie bei Spender und Empfänger nicht in mindestens vier von sechs Merkmalen identisch sind, können die Spenderzellen gegen den Patienten reagieren.

Außerdem wird das Nabelschnurblut auf das Vorliegen von Infektionskrankheiten sowie die Anzahl intakter und lebender Stammzellen überprüft.

Bei den öffentlichen Nabelschnurblutbanken werden aus Kostengründen nur Spenden mit einem hohen Anteil gesunder Stammzellen eingelagert – je nach Blutbank sind dies 20 bis 40 Prozent aller Spenden. Der Rest wird vernichtet oder der wissenschaftlichen Forschung zugeführt. Eine Information darüber, ob ihre Spende eingelagert wurde, erhalten die Eltern nicht zwangsläufig. Benachrichtigt werden sie jedoch, wenn sich bei der Untersuchung des Nabelschnurblutes Hinweise auf Erkrankungen zeigen.

Für die wissenschaftliche Verwendung nicht eingelagerter Stammzellen hat der Gesetzgeber ausdrücklich die Einwilligung der Eltern vorgesehen. Befürchtungen, dass Forscher aus diesen Zellen das Baby klonen könnten, sind übrigens völlig unbegründet. Entsprechende Versuche sind in Deutschland juristisch strikt verboten und auch aus wissenschaftlicher Sicht nicht realistisch.

Was ist bei einer privaten Einlagerung wichtig?

Die Einlagerung von Nabelschnurblut ist teuer. Die Entnahme und die Tests kosten auch die öffentlichen Nabelschnurblutbanken pro Präparat weit über 1.000 Euro, dazu kommen die Kosten für die Lagerung. Die kommerziellen Anbieter berechnen recht unterschiedliche Preise.

Die sogenannte Einrichtungsgebühr beläuft sich auf 150 bis 300 Euro. Falls das Nabelschnurblut aus medizinischen Gründen nicht entnommen oder nicht eingelagert werden kann, wird sie entweder teilweise oder komplett erstattet.

Die weiteren Kosten richten sich nach der Vertragsdauer für die Einlagerung, nach dem Service der Nabelschnurblutbank sowie den vereinbarten Garantien. Pro Vertragsjahr ergeben sich daraus Beträge zwischen 100 und 300 Euro.

Einige kommerzielle Nabelschnurblutbanken ermöglichen Jahresraten, in der Regel wird jedoch zum Vertragsbeginn die gesamte Summe fällig. Für Mehrlinge oder Geschwisterkinder werden oft Rabatte angeboten. Die meisten kommerziellen Nabelschnurblutbanken kooperieren mit Kreditinstituten für eine Ratenfinanzierung.

Bei einigen kommerziellen Blutbanken lässt sich die private Einlagerung mit einer Spenden-Option kombinieren.

Falls das Nabelschnurblut später als Spende benötigt und von den Eltern freigegeben wird, erhalten diese zumindest einen Teil ihrer Ausgaben für die Entnahme und Einlagerung zurück.

Allerdings stellen internationale Spendenregister, darunter auch das Zentrale Knochenmarkspendenregister Deutschland, solche Vielleicht-Spenden nicht in ihre Datenbanken ein. Dass die vereinbarte Option tatsächlich irgendwann zu einer Spende führt, ist also recht unwahrscheinlich.

Die private Einlagerung von Nabelschnurblut ist eine sehr langfristige Investition in die Zukunft Ihres Kindes. Die Nabelschnurblutbank Ihrer Wahl sowie den Vertrag sollten Sie daher sehr gründlich prüfen und die Konditionen auch mit anderen Anbietern vergleichen.

Die grundsätzlichen Qualitätsstandards werden durch das Arzneimittelgesetz definiert, da Nabelschnurblut juristisch als Arzneimittel angesehen wird. Wichtig sind jedoch auch die Service- und Beratungsleistungen der Blutbank, die Qualität der Lagerung sowie die Erfahrung, die das Unternehmen in diesem Geschäftsfeld nachweist.

Auch die Vereinbarung von Sicherheiten im Insolvenzfall sowie von Haftungsansprüchen – beispielsweise, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Anzahl der Stammzellen für eine erfolgversprechende Therapie nicht ausreicht – ist bei der privaten Einlagerung von Nabelschnurblut unverzichtbar und muss vertraglich festgehalten werden.

Vor allem im Hinblick auf die Folgen einer späteren Geschäftsaufgabe ist die Kooperation der privaten Blutbank mit öffentlichen Institutionen – etwa Krankenhäusern oder Universitäten – vorteilhaft.

Die Erfahrungen mit der Langzeiteinlagerung von Nabelschnurblut sind bisher begrenzt

Ob Sie sich für die Einlagerung von Nabelschnurblut zur privaten Verwendung entscheiden, liegt einzig und allein in Ihrem persönlichen Ermessen.

Auch Egoismus-Vorwürfe anderer sind hier völlig deplatziert – schließlich machen Sie sich Sorgen um die Zukunft Ihres Kindes und möchten dafür sorgen, dass ihm bei einer schweren Krankheit auch durch diese Therapieoption geholfen werden kann.

Ebenso legitim ist, wenn Sie sich gegen die Einlagerung von Nabelschnurblut entscheiden, da Ihnen beispielsweise die Forschung auf diesem Gebiet noch zu wenig fortgeschritten ist.

Neben den heute noch begrenzten wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Einsatzmöglichkeiten der Stammzellen aus dem Blut der Nabelschnur ist bisher auch nicht bekannt, wie lange die Zellen in der Kälte wirklich überleben können. Belegt ist bisher eine erfolgreiche Lagerung für einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren.

Der Intention nach sollen jedoch zumindest die Nabelschnurblut-Stammzellen für die persönliche Verwendung dafür sorgen, dass durch sie ein lebenslanges „Sicherheitsnetz“ für Ihr Kind besteht.

© Paul Hakimata – Fotolia.com

Fazit:

  • Nabelschnurblut enthält Stammzellen, die sich zur Therapie von Krankheiten (z.B. Leukämie) eignen.
  • Entnahme des Nabelschnurblutes kann für eine private Verwendung, eine öffentliche Spende oder als gerichtete Spende erfolgen.
  • Stammzellenforschung ist eine sehr junge Wissenschaft – Therapieoptionen werden sich künftig stark erweitern.
  • Sich auf jeden Fall genau informieren
Arztgeprüft

Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.

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